Nein, das SRF soll keine Quote bolzen!

Der Verzicht auf Quoten ist vielleicht der einzige Weg, wie sich gebührenfinanzierte Sender in Zukunft eine neue Existenzberechtigung erarbeiten und einen Markt erhalten können.

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Die Frage dazu steht heute in der Berner Zeitung. Meine Antwort darauf ist klar. Nein, Quoten sind für das  weder überlebenswichtig noch nötig. Im Gegenteil, der Verzicht auf Quoten ist wahrscheinlich der einzige Weg, wie sich gebührenfinanzierte Sender in Zukunft eine neue Existenzberechtigung erarbeiten und einen Markt erhalten können.

Ich würde unseren Kunden jedenfalls auch ohne Quotenknüller empfehlen, ihre Werbung auf SRF zu platzieren. Umso mehr, je spezieller die Formate und damit die Zielgruppen sind. «Alle» ansprechen kann man billig auf den quotenbolzenden Privatsendern, solange es sie noch gibt, und allen Onlineplattformen.

Spezifische und spezielle Zielgruppen ansprechen zu können, ist viel wert.

Diese speziellen und kleinen Zielgruppen verlangen aber nach sorgfältig produzierten Formaten. Je kleiner die Zielgruppe, desto genauer muss man sie kennen und desto präziser muss man arbeiten. Eine Kompetenz, die das SRF hoffentlich noch besitzt, sich aber auf jeden Fall schnell wieder aneignen könnte. Die Alternative sind Amateurproduktionen oder unterfinanzierte – und dadurch unweigerlich schlechtere – Kamikaze-Produktionen, die dann auf Videoplattformen ihr mehr oder weniger unrentables Google-Adwords-Werbedasein fristen.

Hilfe für die angeschlagene Filmbranche

Die Produktion kleiner Sendungen, die vom Inhalt leben und nicht von der vermeindlich «geilen Idee», ist zeit- und personalintensiv. Da muss Fachwissen mit Produktions-know-how verbunden werden. Eine Kompetenz die in der Schweiz (das Land der Dokfilmer) zweifellos vorhanden ist. Damit würde auch die Situation für Journalistinnen und Journalisten, Realisatorinnen und Realisatoren, Kameramänner (und -frauen) und andere Filmschaffende wieder besser. Denn sie sind es, die eben genau diese Kompetenzen mitbringen. Statt Tantiemen und Gagen an – zumeist ausländische – Erfinder von Formaten, Rechteinhaber und teure Darsteller zu zahlen, kämen die Gebühren der Schweizer Branche zugute. Das täte wesentlich weniger weh und dem Bruttosozialprodukt gut.

Die Werbeeinnahmen würden nicht sinken sondern steigen

 wird immer billiger – neue Kanäle und zunehmende Konkurrenz sorgen automatisch dafür. In einem preisgetriebenen Markt kann man aber auf die Dauer nur verlieren. Entweder Geld oder Qualität, was auch wieder zu Verlusten führt. In solchen Märkten gibt es nur einen Ausweg: Ausstieg. In der Werbung ist Streuverlust der grösste Kostenfaktor. Wenn die richtige Werbung den falschen Konsumenten gezeigt wird ist das pure Geldverschwendung. Kleinere Zielgruppen mit viel kleineren Streuverlusten sind viel mehr wert, weil sie immer noch viel billiger sind als grosse Massen mit viel Streuverlust. Der Preis der teuersten Sekunden würde sicher deutlich fallen, aber der durchschnittliche Sekundenpreis würde Bestand haben oder sogar steigen. Voraussetzung dafür ist aber, dass die gebührenfinanzierten Sender auch ihre zeitversetzten Angebote mit Werbung finanzieren dürften.

Werbung muss mitziehen

Als Werbefilmemacher ist man dann aber auch gefordert. Der  der Zukunft muss sich an viel kleinere und präziser definierte Zielgruppen richten. Wahrscheinlich braucht es vom gleichen Spot viele verschiedene Varianten, die spezifisch die Bedürfnisse der Zielgruppe aufgreifen und das beworbene Produkt in diesem Kontext erklären. Auch das braucht etwas mehr Hirnschmalz als heute für den durchschnittlichen TV-Spot aufgewendet wird – aber auch das können wir schaffen. Schliesslich funktionieren Youtube-Kampagnen bereits heute nicht anders.

Ein Fernsehen für die Masse ohne Massenformate

Der kleinste gemeinsame Nenner bei TV-Formaten ist erwiesenermassen sehr klein und dünn. Was allen (oder möglichst vielen) ein bisschen gefällt ist hohl und unbefriedigend. Ein Programm, das alle zahlen, soll aber für möglichst alle befriedigend und reich sein. Offensichtlich ist das aber nicht mit einem Format möglich. Deshalb kommt nur ein gebührenfinanziertes Fernsehen in Frage, das möglichst alle befriedigt, aber nicht gleichzeitig, sondern nacheinander. In Zeiten von Harddiscrecording, Onlineauswertung und Replayfunktion ist es nämlich keine Frage mehr, wann die Inhalte gesendet werden, sondern nur ob sie vorhanden sind oder nicht.

 

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