Geld verdienen mit Podcasting? Aber richtig!

Seit einem guten Jahr verfolge ich nun die Diskussionen über die Möglichkeit, mit Podcasts Geld zu verdienen. Ich glaube, dass die am häufigsten versuchten davon schlicht unbrauchbar sind. Im Prinzip wird immer eines der beiden folgende Modelle angestrebt: 1. Werbekunden bezahlen die Produzenten von Podcasts um dort redaktionell erwähnt zu werden (redaktionelle Werbung), um als…

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Seit einem guten Jahr verfolge ich nun die Diskussionen über die Möglichkeit, mit Podcasts Geld zu verdienen. Ich glaube, dass die am häufigsten versuchten davon schlicht unbrauchbar sind. Im Prinzip wird immer eines der beiden folgende Modelle angestrebt:

1. Werbekunden bezahlen die Produzenten von Podcasts um dort redaktionell erwähnt zu werden (redaktionelle Werbung), um als Sponsoren genannt zu werden oder um Werbezeit zu erhalten (klassisches Mediabuying)

2. Die Abonnenten zahlen direkt für den Content (Hörbuch-Prinzip)

Beide Ansätze sind grundsätzlich falsch und werden nicht funktionieren!
Zum zweiten Punkt werde ich hier nicht auch noch einmal ausholen. Ich sehe das genau so wie Volker Königsbüscher. Vielleicht mit der Ergänzung, dass es eben in der Natur des Podcastings liegt (gleich wie im Internet), dass fast jeder zu bezahlende Content am schnellsten kostenlose (sprich: anders finanzierte) Konkurrenz erhält. Denn was man sich zahlen lassen kann, kann ich auch gratis anbieten und damit einen anderen Nutzen für mich generieren. Beispielsweise als Lockstoff für meine potentiellen Kunden. Es sind nur ganz wenige Contentproduzenten in der Lage einmaligen Content zu schaffen (Filmindustrie, Musiker, Wissenschafter etc.)

Nun aber zu Punkt 1

Podcasts werden nie im klassischen Werbeauftraggeber – Medialeistungserbringer Schema funktionieren. Nicht weil ein Funkspot oder eine Sponsornennung keine Wirkung hätte – das funktioniert grundsätzlich auch in einem Podcast. Aber der Planungs-, Konzeptions- und Kontrollaufwand für die Kommunikation über so viele Kanäle ist einfach zu gross.

Der Werbeauftraggeber von heute erwartet folgendes. Er möchte sein Produkt potentiellen Kunden bekannt und/oder schmackhaft machen. Das soll geplant, eigenständig. kontrolliert und messbar geschehen. Darüber hinaus auch noch zu Konditionen, die sich mit klassischen Medien vergleichen lassen.

1. 500 Ansprechpartner sind zu viel

Einzelne Podcasts werden nie vergleichbare Kontaktsummen wie ein Massenmedium erlangen. Deshalb müssten die Werbetreibenden ihre Botschaft auf sehr viele verschiedene Kanäle verteilen, um eine ähnliche Abdeckung zu erreichen wie heute mit den Massenmedien. Die Verhandlungen mit den klassischen Medien sind schon aufwändig, wie viel wird es kosten, mit 500 Podcasts-Producern verhandeln zu müssen?

Kann sein, dass sich dereinst eine verzweifelte Media-Verkäuferin finden wird, die versucht Podcasts im Bundle zu verkaufen. So nach dem Motto: 429 Podcasts für die Jungen, 260 für die Autofahrer, bei uns buchen sie alle auf einmal. Ich möchte dieses Unterfangen nicht in Angriff nehmen. Wer garantiert mir, dass der Producer X nicht ausgerechnet jetzt gerade Lust auf Ferien – lange Ferien – hat und mal eben 3 oder 4 Folgen ausfallen lässt?

2. Die Einnahmen wären minimal

Wenn die Medialeistung von Podcasts mit klassischen Mediakanälen verglichen wird, ist schnell klar, dass der einzelne Podcaster mit den möglichen Einnahmen kaum glücklich werden dürfte. Als Beispiel ein TV-Spot von 30 Sekunden im Nachmittagsprogramm von SF1 (Schweizer Fernsehen) kostet so um die 350 Franken. Und damit werden schon wesentlich mehr Kunden erreicht als mit allen deutschsprachigen Podcasts zusammen. Die Mediakosten für einen sehr gut besuchten Podcast von 10’000 Abonnenten lägen dann so um die 100.- pro Ausgabe (schlappe 70 Euros). Macht das Spass? Nein! Und mehr Spots aneinander zu hängen geht auch nicht, weil die nämlich niemand hört >> FFW

3. Individualisierung ist nicht so einfach

Wenn heute von individualisierter Werbung gesprochen wird, wird eines vergessen: das ist nicht so einfach! Nicht technisch aber von der Kommunikation her. Je individueller ich meinen Kunden anspreche, desto persönlicher werde ich. Umso grösser wird die Gefahr, ihn zu vergraulen. Wer individuell kommunizieren möchte, müsste sehr, sehr genaue Kenntnisse über seinen Kunden haben und sehr, sehr viel mehr Zeit pro Kontakt für die entwicklung der Kommunikationsmittel aufwenden. Einfach nur den Namen den Kunden im Spot einzublenden reicht da bei weitem nicht aus.

Was in Extrema für die 1to1 Kommunikation gilt, gilt auch für Podcasts. Wenn ich schon eine kleine Zielgruppe habe, muss ich die auch adäquat ansprechen. Der Breitbandfunkspot für eine Zielgruppe 18-24, urban, gebildet kommt da nicht wirklich hin. Das bedeutet: pro Podcast müsste ein eigener Spot her. Abgestimmt auf das Programm und damit die ZG. Alleine die Analyse der 500 Podcasts (s.o.) dürfte so viel Zeit in Anspruch nehmen, dass es 300 von den 500 Podcasts gar nicht mehr gibt, wenn ich die Spots fertig habe.

4. Podcasts sind nicht kontrollierbar

Klassische Meiden haben ein ziemlich klar strukturiertes Programm und ein sehr klar definiertes Redaktionskonzept. Podcasts… eben! Werbetreibende wollen ihre Kommunikation in einem kontrollierbaren (oder kontrollierten) Rahmen schalten. Bei Podcasts ist das nicht – oder nur mit gigantischem Aufwand möglich. Und wenn etwas schief geht ist es auch schon zu spät.

Deshalb geht es so nicht

Das sind meine 4 Hauptgründe, warum das klassische Verhältnis Werbeauftraggeber/Medium bei Podcasts nie funktionieren wird.
Selbstverständlich sind im kleinen Rahmen solche Deals möglich. Beispielsweise bei einem Podcast, der sich mit der Zucht von schwarzen Mambas unter den besonderen Bedingungen derer Haltung in der Badewanne auseinandersetzt. Hier könnte vielleicht der Hersteller von Mamba-Badewannen-Futter tatsächlich einsteigen und etwas für die redaktionelle Erwähnung seiner Produkte bezahlen. Auf die Probleme bei der Konzeption und Realisation von Werbung für Amateure (im Werbebereich) will ich hier gar nicht erst eingehen – ich hab aus meinen Zeiten beim Privatsender schon einige graue Haare deswegen.

Aber vielleicht über einen Umweg

Wir können Podcasts produzieren. Nun, technisch ist das nicht weiter schwer aber Kontinuität zu schaffen ist es wohl. Klassische Medien produzieren kontinuierlich weil sie als Apparat viele Redakteure beschäftigen, die sich mit ihren Hochs und Tiefs ergänzen und eine relativ konstante Summe von Output generieren.

Die Auftragsproduktion von Podcasts ist ein Sektor, in dem in Zukunft einiges Potential liegen könnte. Wie überall wird auch hier aller Anfang eher bescheiden sein und das ist die Stunde der Podcaster. Sie können es schaffen, zu günstigen Konditionen, ohne grossen Apparat Podcasts im Auftrag zu produzieren. Dann wäre der eigene Podcast zwar nicht direkt bezahlt, könnte aber quasi unter Werbeaufwand abgebucht werden um an bezahlte Produktionen zu kommen.

Ich glaube nicht, dass grosse Werbekunden ihre Podcasts inhouse produzieren werden wollen. Um ein professionelles Programm zu erhalten braucht es schlussendlich halt doch etwas mehr als ein paar Mäntel aus der Garderobe und einige laue Sprüche. konzeptionelles Know-how, eine eingespielte PR-Redaktion, die technischen Voraussetzungen und ein gewisser planerischer Overhead sind wohl der einzige Weg, kontinuierlich gute Qualität und damit zufriedene Hörer und Kunden zu erhalten.

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